Zum 1.1.2019 habe ich mein Auto abgegeben - obwohl ich keine rote Ampel überfahren, keinen Unfall gebaut, kein Auto gestreift oder nach Gehör eingeparkt habe.

Allerdings merkte ich, dass mir das Autofahren immer weniger Freude bereitete. Ich fuhr und fahre meistens lieber Fahrrad. Dazu kommt, dass ich mitten in der Stadt wohne, verkehrstechnisch in bevorzugter Lage.

Jetzt steht kein kleiner, roter Toyota mit meinen Initialen mehr vor meiner Tür. Er entspricht sowieso den Ansprüchen der heutigen Zeit nicht mehr. Kein eingebautes Navi, keine Rundumverriegelung, kein CD- Player , kein.... Aber er fuhr, war genügsam hat mich nie in Stich gelassen, ist immer angesprungen. Auch bei Minusgraden.

Mein Trost: Ich habe ihn in gute Hände abgegeben.

Als ich im Freundeskreis von meiner Zukunft ohne Auto erzählte, erinnerte mich eine der anwesenden Freundinnen an folgende Geschichte von einer gemeinsamen Bekannten.

 

Ein Leben ohne Auto

Eine kleine Geschichte aus dem Leben

 

Zu meinem Bekanntenkreis gehörte vor einigen Jahren eine Dame, die nicht nur durch ihr gepflegtes Äußeres, sondern auch durch ihre herzliche Art sofort jeden für sich einnahm. Obwohl ihr 80-zigter Geburtstag schon einige Jahre zurücklag fuhr Frau G. nahezu täglich mit ihrem kleinen eleganten Cityflitzer durch die Stadt.

Eines Tages nun bekam Frau G. Besuch von ihrer ältesten Tochter, die ihr besonders nahe stand. Vorsichtig versuchte diese, ihre Mutter davon zu überzeugen, dass es an der Zeit sei, das Auto in der Garage zu lassen und auf professionelle Fahrdienste zurück zu greifen. Sie sprach von den Ängsten und Sorgen ihrer Kinder, von der zunehmenden Verkehrsdichte auf den Straßen. Sie erzählte von den unschuldigen Opfern älterer Fahrer. Diesen Besuch wiederholte die Tochter einige Male, ohne das entschiedene „Nein“ ihrer Mutter durchbrechen zu können. Eine kleine Beule am rechten Kotflügel des kleinen Flitzern brachte nun die ganze Familie auf den Plan. Der Familienrat tagte.

Die Tochter kam mit einem Angebot im Gepäck, das auch ihre Mutter nicht ablehnen konnte.

Die Familie hatte beschlossen, für die oben beschriebene Dame für ein Jahr sämtliche Kosten und die Organisation des Taxidienstes zu übernehmen.

Da Frau G. weiterhin zahlreiche kulturelle Veranstaltungen, Konzerte, Ausstellungen, Vorträge und private Einladungen besuchte, war sie bald dem gesamten Team eines Taxiunternehmens bekannt und vertraut.

Frau G. begegnete ihren Fahrern und Fahrerinnen stets respektvoll und empathisch. Sie hörte ihnen aufmerksam und interessiert zu, wenn diese vertrauensvoll von ihren Nöten und Sorgen, von ihren glücklichen und ihren traurigen Stunden erzählten - Geschichten von Vettern und Cousinen; von Söhnen und Töchtern, von Eltern und Nachbarn.

 

All diese Geschichten sind nach zu lesen in einem Büchlein mit dem Titel: „Taxigeschichten“ das Frau G. am Ende des Jahres veröffentlichte.